Schwarze Alpenschweine im Ticino

Pascal Mayor hat im Tessin eine Biohof-Oase geschaffen. Hier dürfen auch Tiere leben, ohne produktiv sein zu müssen, wie etwa die Graugeissen von «Pro Specia Rara». Neben Obst- und Gemüsebau stellt der Biobauer Rot- und Weisswein her.

Gastbeitrag von Erica Bänziger

An einem noch etwas kühlen Februarnachmittag trafen sich rund 20 fröhliche Graswurzler auf dem vielseitigen Bio-Bauernhof von Pascal Mayor im Ticino. Der Landwirt ist seit acht Jahren der einzige Bio-Bauer im Dorf. Sein Hof wird durch einen Gartenbaubetrieb ergänzt, weil er selbst gelernter Landschaftsgärtner ist. Rasenmähen und fremde Gärten zu pflegen war ihm aber zu wenig naturverbunden. Den Boden zur Nahrungsproduktion zu nutzen, erschien ihm sinnvoller und wertvoller für alle. Deshalb beschloss er, einen Bauernhof zu erwerben. Er hat es sich zur neuen Lebensaufgabe gemacht, diesen als Biobetrieb zu führen. Hier lebt er zusammen mit seiner Frau und den beiden Töchtern. Mithilfe von fünf engagierten Gärtnern – und seiner Tätigkeit als Landwirt – hält er den Betrieb aufrecht.

Buntgemischte Herde

Auf dem Hof gibt es zirka 40 gehörnte Kühe; eine buntgemischte Herde von Mutterkühen und ihren Kälbern. Die sehr schöne, temperamentvolle und lebendige Herde besteht aus Rätischem Grauvieh, verschiedenen Yaks, Evolène-Kühe und einer Eringer Kampfkuh aus dem Wallis. Hier können die lebensfrohen und übermütigen Kälber quer über die Weide rennen. Das gesunde und feine Fleisch wird jeweils direkt im kleinen Hofladen verkauft.

Geschlossener Kreislauf

Auch Schwarze Alpenschweine – eine beinahe ausgestorbene, alte Rasse – leben auf dem Hof. Selbstverständlich im Freien, wie auch die Kühe. Sie wühlen in der Erde und geniessen die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihren Borsten, oder gröberem Fell. Gefüttert werden sie mit der Schotte einer Käserei aus dem Maggiatal, den Tresterresten einer regionalen, kleinen Bierbrauerei sowie den Gartenabfällen des eigenen Gemüsefelds. Getreide bekommen sie keines; es ist sinnvoller, dieses für die Nahrung der Menschen anzupflanzen.

Der Schweinekot und die von den Tieren gescharrte Erde, zusammen mit Kuhdung und gehäckseltem Baumschnitt, ergeben den besten Kompost, der wiederum auf den Feldern verteilt wird. Hier schliesst sich ein wertvoller Kreislauf. Stroh als Einstreu – womöglich teuer zugekauft – braucht es somit nicht.

Mosaik-Schnitt

Beim Heuen wendet Pascal den sogenannten Mosaik-Schnitt an; er schneidet das Gras in drei Etappen, damit die Bienen, Vögel und Insekten nicht von einem Tag auf den anderen ohne Sämereien und Nektar auskommen müssen.

Die Tierfamilie wird zudem durch Hühner bereichert, die derzeit wegen der Vogelgrippe leider eingeschlossen in einem fahrbaren Anhänger leben müssen. Dies hat leider zu einer Reduktion der Hühner geführt. Doch Pascal will sowieso keine Massenproduktion. Er legt grossen Wert darauf, dass sich das Federvieh vorwiegend von Gras und Würmern ernährt, sodass nur wenig Getreide verfüttert werden muss. Wer also gesunde Eier von seinen Hühnern erwerben will, der muss früh aufstehen; aktuell ist die Menge beschränkt.

Schule auf dem Bauernhof

Pascal bietet regelmässig Hof-Führungen für Schüler und Schülerinnen an. Das Projekt nennt sich «Schule auf dem Bauernhof» und ist für Kinder vom Kindergarten bis zur Primarschule gedacht, aber auch Studenten und Studentinnen nehmen daran teil.

Aus diesem Grund sind auf dem Hof auch einige Graugeissen von «Pro Specia Rara» zu Hause. Diese müssen in keiner Weise produktiv sein und werden auch nicht gemolken. Man darf sie einfach bestaunen und streicheln, was sie sichtlich geniessen!

Der Wolf geht um

Im Gegenzug lebt eine grössere Ziegenherde in einem Bergdorf im Centovalli, bei Costa Borgnone. Die Tiere haben dort die Aufgabe, die Gegend vor der Verbuschung und Verwaldung zu retten. Leider müssen sie – eine neue Herausforderung unsere Zeit – durch hohe Zäune geschützt werden. Letztes Jahr hat der Wolf drei Kälber gerissen, die jeweils im Sommer auf der Alp in Vergletto gesömmert werden.

Bevor die Herde ihr Sommerquartier auf der Alp bezieht, wird sie im Frühsommer auf einer Weide im Dorf gehalten, damit der Wald auch hier nicht überhandnimmt.

Merlot und Sauvignon Gris

Um Pasclas Hof herum gibt es auch Reben. Er produziert einen Merlot (Rotwein), einen köstlichen Sauvignon Gris (Weisswein) und sogar einen Schaumwein – und das alles in Bio-Qualität. Einige Rebparzellen befinden sich auch im Dorf. Pascal produziert jährlich zirka 500 Flaschen Rotwein und 400 Flaschen Weisswein. Auch diesen bietet er im Hofladen an.

Als Krönung der Hof-Besichtigung durften wir sogar vom köstlichen Wein probieren. Dazu reichte Pascal feinen Rohschinken, köstliche Salami und Tessiner Bündnerfleisch. Eine Graswurzlerin bereicherte den Tisch zudem mit köstlichem veganem Brotaufstrich.

Projektgarten mit Raritäten

Neben dem schmackhaften Wein kommt aber auch die Früchte- und Gemüseproduktion nicht zu kurz. Dafür wird eine ganze Parzelle genutzt und für Letzteres ein kleines Gewächshaus.

Und damit nicht genug: Auf einem eher sandigen, humusarmen Stück Land am Rande der Melezza, hat Pascal zusammen mit Kollegen einen Projektgarten angelegt. In diesem werden Brombeeren, Himbeeren, Kiwis, Nespole, Granatäpfel, Bergbananen, ausgefallene Büsche, Spaliere und Obstbäume gezogen. Die Initianten wollen herausfinden, welches Saatgut sich für den Standort eignet. Weitere Informationen: www.trefrutti.ch

Zudem führte uns die spannende Führung in ein schönes Brennhaus, das eine Bürgergemeinde in der Nachbarschaft unterhält. Hier wird im Herbst der einheimische Grappa gebrannt.

In eigener Sache

Unsere Aktivitäten werden rege besucht und sind mit Sicherheit ein Teil des Erfolgrezepts der aktiven Gruppe im Centovalli und Locarno. Die Gruppe kennt sich inzwischen schon sehr gut und der Umgang ist immer sehr herzlich. Auch neue Mitglieder sind stets willkommen und werden natürlich sofort in die lebendige Gruppe integriert.

Gerne dürfen uns auch auswärtige Graswurzler kontaktieren und wir versenden unser buntes Jahresprogramm allen interessierten Graswurzlern.

Bauernhof Tessin
schwarze Alpenschweine
Bauernhof Tessin Treffen

2 Comments on “Schwarze Alpenschweine im Ticino

  1. liebe Erika
    es ist eine Freude, in einen weiteren Bericht von dir eintauchen zu dürfen!

    bin Graswurzlerin in TG & SG, bin aber auch Tessinerin mit Zweitwohnsitz (Maiensäss) im Valle Verzasca.

    könntest du mich bitte aufnehmen für den Versand eures Newsletters und des Jahresprogrammes 2023?

    herzLichten Dank & liebe Grüsse!
    Leslie

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